Im Waderner Bekanntmachungsblatt veröffentlicht der Waderner Bürgermeister Dewald die Antwort des Bundeskanzleramts auf die Resolution gegen den zunehmenden militärischen Fluglärm. Das Schreiben ist ein Musterbeispiel an Desinformation, verpackt in Häppchen von unvollständigen Informationen.
"Das Übungsgebiet 'Polygone' ist als Ausbildungseinrichtung in der Bundesrepublik Deutschland einmalig."
Es ist nicht nur in Deutschland einmalig, sondern in ganz Europa. Die Begrenzung auf Deutschland suggeriert dem Leser, dass es anderswo in Europa ähnliche Gebiete gibt, und dass daher hier nur oder vorwiegend deutsche Piloten üben. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einmaligkeit des Gebiets in Europa, in dem Radarstationen aufgestellt wurden (und daher auch wieder verlagert werden könnten), ist der Grund dafür, warum wir nicht nur den Lärm der in der Eifel stationierten US-Kampfjets ertragen müssen, sondern warum ständig weitere Ausländer hier intensiv wochenlang üben, wie z.B. Italiener und Briten im diesjährigen Herbst.
Die im Gebiet 'Polygone' stattfindenden Übungen zur Täuschung gegnerischen Radars (d.h. vorwiegend für Angriffe) sind auch der Grund, wieso hier aluminiumummantelte Glasfasern trotz Verbots fein zerstäubt abgeworfen werden. Dass es solch ein Verbot gibt, teilt die Bundeswehr gerne mit. Dass das Verbot regelmäßig aufgehoben wird und diese Fasern immer noch über uns ausgekippt werden (zuletzt 200 kg im Februar 2008), verschweigt sie, wenn man nicht konkret genug nachfragt.
"Die Anzahl der militärischen Luftfahrzeuge, die das Übungsgebiet 'Polygone' monatlich nutzen, hat sich heute im Vergleich zu 2003 halbiert."
Selbst wenn damit nicht die Anzahl der Flugzeuge sondern die Anzahl der Flüge gemeint ist (was zunächst einmal zu bezweifeln ist, sonst stände es dort), ist diese Formulierung bezüglich der Dauer und der Menge der Lärmbelastung eine Nullaussage. Eine Flug ist ein Flug, egal ob ein Pilot ein halbe Stunde lang zurückhaltend oder ein Stunde lang extrem laute Scheinangriffe auf Wadern fliegt.
Weiterhin ist zu vermuten, dass die im selben Luftraum in erheblicher Anzahl und Dauer stattfindenden Abfangjagden nicht der Einrichtung 'Polygone' zugerechnet werden. Immerhin wird das im Saarland deckungsgleiche Übungsgebiet 'TRA LAUTER', das für Abfangjagden vorgesehen ist, in dem Schreiben komplett unterschlagen.
"Nach einer Auswertung aller militärischen Übungsflüge in 2007 wurde der militärische Übungsbetrieb und die damit verbundenen Belastungen in den durch die Luftraumstruktur und die zivile Luftraumnutzung in Deutschland gestreckten Grenzen über das gesamte Bundesgebiet verteilt."
Dies ist eine schöne Umschreibung dafür, dass die Übungsflüge nicht wirklich über ganz Deutschland verteilt werden - und schon gar nicht gleichmäßig. Die unscheinbaren "gesteckten Grenzen" bedeuten, dass der Übungsbetrieb in wenigen Übungszonen (TRAs) konzentriert wird.
"Die Anzahl der Tiefflüge ist seit 1990 um 90% gesunken."
Es wird nicht erwähnt, ob auch die Tiefflüge ausländischer Streitkräfte in den Zahlen erhalten sind. Bei den letzten Dialogen mit der Bundeswehr tauchten die 90% nur im Zusammenhang mit Flügen der Bundeswehr auf. Generell zweifeln wir einen Rückgang der Tiefflugaktivitäten über dem Saarland nicht an. Leider steht diesem Rückgang eine gestiegene Anzahl an Abfangjagden entgegen.
Insgesamt beschönigt die Mitteilung des Kanzleramts die Situation. Anhand dieser Stellungnahme würde kein Leser auf die Idee kommen, dass wir 2008 werktäglich unter mehrstündiger Verlärmung zu leiden hatten, und das bis in die Nacht. Es ist stark zu bewzeifeln, dass die für uns wichtige Gesamtsituation dargestellt wird, weil vermutlich ein Teil der Flüge "vergessen" wurde. Durch Nichterwähnung der Übungszone TRA LAUTER und des Übungs- und Regelflugbetriebs mit Transportern aus Ramstein wird die in Deutschland einmalige Mehrfachbelastung der Region Saarland, Eifel und Westpfalz verschleiert und die tatsächliche Situation beschönigt. Schreiben dieser Art sollen immer wieder unvorbereitete Leser täuschen, damit der konzentrierte Lärmterror - die bequemste Lösung für Bundesregierung und Militär - Jahr um Jahr weitergehen kann.
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