Abwiegelung und Antiamerikanismusvorwürfe
Am 30. Juni haben unsere MdBs über den Antrag der Linken zum Schutz gegen militärischen Fluglärm debattiert und abgestimmt. Die US Air Base Ramstein als heilige Kuh der deutsch-amerikanischen Waffenbrüderschaft wurde in ihrer weltweit einmaligen Bedeutung heruntergespielt, ihre Belastung verharmlost und die rücksichtslos agierenden US-Truppen als Opfer eines herbeigefaselten Antiamerikanismus hingestellt. Täter als Opfer, Opfer als Täter. Könnte ja klappen.
Fluglärm steht gerade überall in der Kritik. Da kommt es gar nicht gut, wenn man sich nicht um Lärm schert, den andere ertragen müssen. Also will man etwas dagegen tun. Aber möglichst nichts Wirksames. Das würde nämlich bedeuten, dass man die Schutzbehauptungen des Verteidigungsministeriums kritisch hinterfragen und sich mit der Thematik genauer beschäftigen müsste.
Anita Schäfer (CDU): Kennt die Situation vor Ort und unterschlägt die endlosen, hier komplett unnötigen Übungsrunden mit Hercules C-130 sowie die extrem lauten Boeing 747 der Charterfirmen Atlas Air, Evergreen Airlines, Southern Air, Kalitta Air und anderen. Diese Maschinen nerven noch in 50 km Entfernung extrem, wenn sie sich im lauten Steigflug langsam hochquälen. Für Frau Schäfer ist das skandalöse Abbügeln der 13000 Einsprüche durch die umstrittene Richterin Seiler-Dürr „kein Rechtsdefizit“. Das Maß für die Belastung ist nicht die Zumutbarkeit für die Bürger, sondern die Prognose des Militärs. Beim Bodenlärm verschweigt sie, dass die US-Truppen für sich einen Konsumtempel gebaut haben (KMCC), aber zu knickig für eine Lärmschutzhalle sind. Bürger, die sich nicht jeden Tag von Kampfjets terrorisieren lassen wollen und sich daher mehr als nur ein Mal im Jahr beschweren, werden von ihr zwischen den Zeilen in die Querulantenecke geschoben. Die Piloten müssen halt üben. Und wenn die Übungen über ungeignetem Gebiet stattfinden und die Menschen krank machen, dann ist das eben zu schlucken.
Joachim Spatz (FDP) wohnt in Franken und sagt sinngemäß: Die Antragsteller haben ja gar nicht die Position des Militärs eingenommen. Übungsflüge sind schließlich so notwendig und unantastbar, dass jede Diskussion über ihre Ausgestaltung einer Blasphemie gleichkommt. Außerdem mögen die Antragsteller die US-Kriege nicht, die von deutschem Boden ausgehen. Die sind nur aus Antiamerikanismus gegen den Lärm der Air Base.
Dass nur die „unbedingt notwendigen“ Flüge durchführt werden, darf natürlich nicht fehlen. Seltsam ist nur, dass Kampfjetübungen hier „unbedingt notwendig“ sind und ein paar km weiter nördlich und östlich nicht. Kommt der Feind nur nach Kaiserslautern und St. Wendel, aber nicht nach Mainz?
Lars Klingbeil (SPD) wohnt oben im Norden und sagt sinngemäß: Jaa nee, wir sagen mal lieber nicht zu viel dazu. Der Verteidigungsminister könnte sich vielleicht mal damit befassen. Wir sehen zwar dringenden Handlungsbedarf, aber wenn wir zustimmen, müssen wir ja handeln. Und dann fallen wir wieder um. Also lieber nicht.
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