Leserbrief in der Nahe-Zeitung vom 04.09.2013
Von Rainer Böß, Mitglied des Birkenfelder Kreistages und der Partei Die Linke
In seinem Leserbrief vom 23. Juni kritisiert der Ortsbürgermeister von Kronweiler zu Recht, dass sich die Politiker des Landkreises beim Thema „militärische Tiefflüge“ auffallend zurückhalten. Man kann wohl mittlerweile auch davon ausgehen, dass der von der Kreistags-Fraktion Die Linke bereits im September 2012 gestellte umfangreiche Antrag zur Fluglärm-Bekämpfung (der unter anderem eine Resolution des Kreistages zur Vermeidung bzw. Einschränkung des Fluglärmes, die Aufstellung von Mess-Stationen und Verhandlungen mit der Bundeswehr vorsah, um Fluglärmreduzierungen zu erreichen) im Kreistag nicht mehr behandelt wird. Offenbar war der Druck der Bundeswehr insbesondere auf die Mehrheits-Fraktionen von SPD und CDU zu groß.
Dabei ist der krankmachende Fluglärm nur eine der Gefahren, die den Menschen im Kreis vom „Bombodrom“ auf dem Truppenübungsplatz Baumholder drohen. Die Angaben der Bundeswehr zum Treibstoff JP8 sind stark verharmlosend. Das Datenblatt des Treibstoffherstellers weist dem Treibstoff eindeutig krebserzeugende und erbgutverändernde Eigenschaften zu.
Die Bundeswehr will nicht eingestehen, dass es auch im Kreis Birkenfeld kontrollierte Absturzzonen gibt. Nachdem aber am 14. September 2006 in der Eifel nur wenige hundert Meter entfernt vom Ort Oberkail eine in Spangdahlem stationierte F-16 nach einem „kontrollierten Ausstieg“ des Piloten per Schleudersitz abstürzte, einigte man sich auf Vorschlag des CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen mit den deutschen Behörden, statt der Eifel in künftigen Notfällen den Truppenübungsplatz Baumholder als Absturzzone zu nutzen. Dabei ist der Begriff „kontrollierter Absturz“ pure Augenwischerei. Hat der Pilot den Jet erst einmal verlassen, trudelt die Maschine bis zum Absturz völlig unkontrolliert durch die Gegend.
So stürzte am 8. Dezember 1988 in Remscheid eine US-amerikanische Militärmaschine in ein Wohngebiet. Sechs Menschen starben, 50 Personen wurden teilweise schwer verletzt. In den Jahren danach erkrankten über hundert Menschen aus der Umgebung des Absturzortes wie auch Helfer des Technischen Hilfswerks an Haut- und Nervenentzündungen sowie verschiedenen Arten von Krebs.
Glücklicherweise ist dem Kreis Birkenfeld eine solche Katastrophe bisher erspart geblieben. Allerdings stürzten 1978 und 1979 Starfighter bei Rimsberg und Allenbach ab. In den Jahren 2004 bis 2007 ist jedes Jahr eine Drohne auf dem Truppenübungsplatz Baumholder abgestürzt und erst am 20. Juni 2013 führten technische Probleme wohl zur Notlandung einer Drohne auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes. Man sollte sich auch die Frage stellen, ob die sehr hohe Anzahl an Krebserkrankungen im Kreisgebiet etwas mit dem Treibstoff und den Radarstrahlen vom Truppenübungsplatz und von mehreren mobilen Stationen zu tun haben könnte. Zudem gab es bereits in den 90er-Jahren Hinweise, dass auf dem Truppenübungsplatz hochgiftige und radioaktive Uranmunition (DU-Munition) verschossen wurde. Offenbar stellen viele Kommunalpolitiker immer noch die Interessen des Militärs bedenkenlos über die Gesundheit der Menschen im Kreis Birkenfeld.
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