Man könnte meinen, nur wer sich über den werktäglichen Kampfjetlärm ärgert, den die meisten Menschen in Deutschland nicht ertragen müssen, nimmt sich die Zeit und schreibt in Foren (z.B. die der Zeitungen). Wer sich nicht ärgert, spart sich die Zeit und schreibt nichts. So ist es aber nicht. In jedem Diskussionsstrang kommt mindestens einer daher und verteidigt den Lärm. Das sind keine professionellen Abwiegler. Die nutzen andere Kanäle und sitzen in den Ministerien und den Redaktionen der Qualitätsmedien. Es handelt sich meist um einfach gestrickte, militärbegeisterte Männer, seltener um das weibliche soziale Umfeld von Soldaten. Dass eine Frau ihren Geliebten verteidigt, lassen wir mal so stehen. Wer sich mit solchen Menschen einlässt, wird sie verteidigen, wie jeder seinen geliebten Partner verteidigt. Nerviger sind die „gefühlten“ Kampfjetpiloten, die Militärversteher.
Die Luftwaffe steht ganz oben in der Hackordnung des Militärs, und die Kampfjetpiloten wiederum stehen in der Luftwaffe ganz oben, weit über den Hubschrauber- und Transporterpiloten. Diese Idole werden von einfach gestrickten Menschen so verteidigt, weil sie sich selber gerne dorthin träumen. Und weil ihre Idole eben Idole sind, ist deren Tun heilig. Selbst wer nicht komplett gegen Kampfjetübungen ist, sondern diese nur in Einöden oder über die Nordsee verlagert oder über Deutschland gleich verteilt haben will, ist ein Frevler. Der übliche Spruch „Früher war es viel schlimmer, und es hat mir nicht geschadet!“ zeigt, welche Opfer die Gläubigen für ihre Götter gebracht haben, und wie stark auch sie sein können – obwohl es nicht für einen Platz im Cockpit gereicht hat. Auch der Vorwurf „Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch über das bisschen Lärm aufzuregen?“ wird gerne genommen. Die Abwiegler haben jedenfalls nichts Wichtigeres zu tun, als berechtigte Kritik an der Übungspraxis als Überempfindlichkeit und Mangel an Verständnis für die großen Zusammenhänge in der Weltpolitik abzutun. Sie ahnen, dass der leichtfertig über uns gebrachte, konzentrierte Dauerlärm nicht mit sachlichen Argumenten zu rechtfertigen ist. Ein getroffener Hund bellt.
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