Leserbrief an die Saarbrücker Zeitung
Von einem Leser aus Illingen
Wie sagte schon Kurt Tucholsky: „Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“ Genauso verfährt unser Innenminister Bouillon mit den Saarländern, die sich über den militärischen Fluglärm, dem sie jeden Wochentag stundenlang ausgesetzt sind, beschweren. Nicht der Fluglärm ist das Übel, sondern diejenigen, die sich dauernd darüber beschweren. Das ist doch wohl das Allerletzte! Anstatt sich für die Begrenzung dieses entsetzlichen Lärms einzusetzen, greift er die Beschwerdeführer und die Bürgerinitiative an. Ein billiger Einschüchterungsversuch, plumpe Irreführung der Öffentlichkeit und sein Eingeständnis, dass er in Sachen militärischer Fluglärm nichts tun kann oder will, weil das US-Militär in Deutschland ohne Rücksicht auf uns Menschen machen kann, was es will. Denn wie pervers muss man sein, dass man über einem dicht besiedeltem Gebiet diese TRA-Lauter als eine Übungszone für militärische Kampfjets einrichtet und jeden Tag die Bevölkerung mit stundenlangem Donnern und Gedröhne schikaniert. Dann wundern sich die verantwortlichen Politiker und Militärs, dass es doch tatsächlich Leute gibt, die sich an diesen Lärmorgien stören und sich auch noch beschweren, das kann doch nicht sein, mit den Beschwerdezahlen muss was nicht stimmen. Also hat da jemand bestimmt gemauschelt, damit kennt man sich schließlich aus und weiß, wie so was geht. Wie bitteschön soll eine Bürgerinitiative Beschwerdezahlen manipulieren? Solche Unterstellungen sind schlicht grotesk und lächerlich.
Alle Beschwerden über Email oder die Hotline, bei der man so gut wie gar nicht durchkommt, weil stets der Anrufbeantworter startet, werden vom Bundesluftwaffenamt erfasst. Viele Bürger wissen gar nicht, wo sie sich beschweren sollen, andere kommen oft aus verschiedenen Gründen nicht dazu oder haben resigniert. Diese Anzahl der Beschwerden wird erfasst und veröffentlicht, nicht veröffentlicht werden darf, von wem diese Beschwerden kommen. Das weiß auch die Bürgerinitiative nicht. Aber Herr Bouillon will das wissen, wie er in der Pressekonferenz am 06.06. erklärt hat. Nach Bouillon sollen angeblich zwei Familien für die vielen Beschwerden verantwortlich sein; so was hatte schon seine Parteikollegin, die Bundestagsabgeordnete Nadine Schön vor Jahren behauptet. Herr Bouillon hat also nichts Besseres zu tun, als über das Bundesluftwaffenamt diesen Beschwerdeführer hinterher zu schnüffeln, es fehlt nur noch, dass er Namen preisgibt. Vielleicht setzt er ja auch noch den Staatsschutz ein, die NSA lässt grüßen! Im Grunde genommen ist diese Aktion ein schwerer Vertrauensbruch gegenüber den Beschwerdeführern. Ist das vielleicht beabsichtigt? Dann sind juristische Schritte angesagt und es bedarf einer Überprüfung, ob die Bundeswehr solche sensiblen Daten an einen Innenminister, der damit an die Presse tritt und alles ausplaudert, weitergeben darf. Auch dürfte das Bundesluftwaffenamt sich nicht mehr weiterhin selbst kontrollieren, ein unabhängige Stelle muss sich der Beschwerden annehmen, sonst sind die Behauptungen von Herrn Bouillon überhaupt nicht überprüfbar. Für solche Schnüffelaktionen ist also Zeit, Personal und Geld da, das Beschwerdetelefon beim Innenministerium wurde dagegen abgeschafft, warum wohl?
Herrn Bouillon passt es nicht, dass es mündige Bürger gibt, die sich gegen diese täglichen Schikanen der US-Airforce und der Bundeswehr wehren. Beschweren tun sich diese Bürger laut Bouillon aus ideologischen Gründen, und wirft ihnen eine bundeswehr- oder amerikafeindliche Gesinnung vor! So ist das nun mal in unserer schönen Bundesrepublik; wenn man eine Meinung hat, die den da oben nicht passt, wird man in eine bestimmte Ecke gestellt; man ist dann vielleicht rechtsradikal oder amerikafeindlich. Ich habe immer gedacht, dass solche Zeiten in Deutschland vorbei sind, aber wenn ich an diese Aktion von Herrn Bouillon denke, dann fällt mir ein Bild ein, das häufig in Geschichtsbüchern zu finden ist: Da geht ein Mann mitten auf der Straße, hinter ihm gehen mehrere SA-Leute, um den Hals hat man dem Mann ein Schild gehängt, darauf steht: „Ich werde mich nie mehr bei der Polizei beschweren!“
Noch nie hat mich ein Politiker so enttäuscht, aber ich weiß nun Bescheid. Anstatt sich für Gesundheit und Lebensqualität seiner Saarländer einzusetzen, schlägt sich Herr Bouillon auf die Seite der Lärmverursacher und macht seinen Kniefall vor dem US-Militär. Bravo! So was hat es schon lange nicht mehr gegeben. Frau Kramp-Karrenbauer kann stolz sein auf so einen Minister! Bald wird er mit einem amerikanischen Orden geehrt!
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