[05.08.2008]
Die Psychologie der "Ich höre das nicht"-Fraktion
Selbst nach den letzten durchgängig verlärmten Wochen, selbst wenn es
gerade über einem dröhnt, findet man immer noch Menschen, die für
rücksichtslose Militärs ideales Statistenvolk und für willfährige
Politiker ideales Wahlvieh sind. Die "Ich höre das nicht"- oder "Das
stört mich nicht"-Fraktion.
Würden diese Leute einerseits sofort auf die Barrikaden gehen und "Gleichheit!
Gleichheit!" rufen, wenn in der Region eine Sondersteuer auf Bier
eingeführt werden würde - und sei sie noch so niedrig - so macht es
ihnen andererseits nichts aus, dass ein großer Teil des Lärms und Drecks der
verlagerbaren militärischen Übungsflüge in ihrer Heimat konzentriert
abgeladen wird. Das gilt für die Pfälzer übrigens genauso. Woher kann
das kommen?
Unter dem Eindruck einer E-Mail eines Bürgermeisters einer
Nachbargemeinde, der den Lärm angeblich nicht hört und auch keinen
kennt, der den Lärm hört, während es den ganzen Vormittag über unserem
Ort aus Kampfjettriebwerken dröhnt, habe ich versucht, einige
Leugnertypen grob einzusortieren. Natürlich ist jeder Mensch
verschieden, aber nichtsdestoweniger kann man grobe Verhaltensmuster
erkennen:
- Resignation:
Die Leute haben resigniert und sind überzeugt davon, dass Beschwerden
nichts bringen. Damit spielen sie denjenigen in die Hände, die die
Beschwerden zählen und dann sagen, dass sich gar nicht viele Leute
beschwerden. Natürlich arbeitet man beim Militär und in willfährigen
Behörden auch mal mit Tricks und lässt jeden glauben, er sei ein
Einzelfall.
- Platzhirschgehabe:
Gerade junge Männer leben gerne laut. Einige geben sogar Geld aus, um
ihr Auto oder Motorrad lauter zu machen, als es sein müsste. Das sind
wohl uralte Verhaltensmuster, die bei vielen dann nachlassen, wenn sie
erkannt haben, dass man mit Lärm keine Frau für sich gewinnt.
Laut lebende Menschen hören den Fluglärm inmitten ihres selbstgemachten
Lärms nicht und werden auch nicht von ihm gestört.
Diese Leute sind letztlich unpolitisch.
- Mitläufertum, technisch und sehnsüchtig:
Meist junge, technikbegeisterte Kerle, die der Faszination der Technik
erliegen. Sie träumen davon, dass ein Kampfjet ihnen die Beschleunigung
und das Gefühl von Kraft und Macht geben könnte, das ihnen ihr "optisch
getunter" alter Wagen nicht geben kann - und sicher auch noch die
Beachtung durch die Damenwelt.
Diese Männer verteidigen den Fluglärm und bezeichnen alle Gegner des Lärms als
feige Schwächlinge. Sie glauben, durch verbale Unterstützung der
Militärmaschinerie an ihrer Kraft und Macht teilzuhaben.
Diese Leute reagieren bisweilen aggressiv, wenn man ihnen klarmacht, was
die Soldaten mit ihrem Gerät im Nahen Osten an Leid erzeugen.
- Mitläufertum, wirtschaftlich und politisch:
Entweder gehören sie zu den wenigen, die auf Kosten vieler anderer
(vermeintlich) von
der lärmerzeugenden Militärmaschinerie profitieren ("Schwager schafft
beim Ami"), oder sie werden gelegentlich von den (meist amerikanischen)
Streitkräften hofiert. Da ist man schnell mal US-Ehrenoberst oder hat
einen anderen Titel. Oder man hat andere Vergünstigungen.
Diese Leute reagieren sehr aggressiv, wenn man ihnen klarmacht, dass man
weiß, was die Soldaten mit ihrem Gerät im Nahen Osten an Leid erzeugen.
Welche Typen habe ich vergessen? Schreibt mir.