Was brachte 2008?
Saarland: Nach vielen Jahren, in denen unsere Beschwerden ignoriert wurden und Aussitzen der erste Ansatz der Politik war, brach der Damm zunächst im Saarland. Mehrere Berichte über Betroffene und das Problem fanden sich in der BILD, der Saarbrücker Zeitung und der 20cent. Mehrere Gemeinden und auch der St. Wendeler Kreistag verfassten Resolutionen gegen den unnötig konzentrierten und verlagerbaren Lärm durch übende Kampfjets, der die Lebensqualität in den Gemeinden verringert und den Tourismus schädigt. Alle Fraktionen des saarländischen Landtags beschlossen, dass der Lärm verringert werden muss. Das Thema kam ganz oben an. Der Ministerpräsident versprach, das Problem in diesem Jahr bzw. in den nächsten Monaten zu lösen. Auch der Verteidigungsminister hat Abhilfe zugesagt und konnte sich dem Thema nicht mehr entziehen. Die Bundeskanzlerin wurde ebenfalls von saarländischen Politikern angeschrieben.
Westpfalz: Hier war es schwieriger. Die Nähe zur US-Airbase Ramstein wirkt offensichtlich beeindruckend auf Lokalpolitiker, und der Militarismus fällt bei einzelnen Fanatikern auf fruchtbaren Boden. Das geht soweit, dass Kritiker der US-Kriege von ihnen als Hassprediger bezeichnet werden. Die ständigen Übungsflüge mit C-130 Hercules bis in den späten Abend, die Schulkinder vom Schlaf abhalten und morgens zu Unterrichtsunterbrechungen führen, werden noch weitgehend gedeckt, so wie die besonders belastenden Nachtflüge, für die wir allerdings noch keinen einzigen Grund erfahren konnten. Aber auch in der Westpfalz bröckelt die durch nichts gerechtfertigte Toleranz. Die erste Gemeinde hat ihre Resolution gegen den Fluglärm verabschiedet.
Eifel: Im Umfeld der Airbase Spangdahlem gärte es schon seit dem Herbst stark. Piloten ließen regelmäßig ihre Maschinen absinken und brachten sie dann unter Höllengetöse mit dem Nachbrenner wieder auf Höhe. Mit dem regelwidrigen Scheinangriff auf die Gemeinde Nattenheim kam dann die Wende für die Airbase Spangdahlem: Die jahrelange "gefühlte" Akzeptanz und Bewunderung der Bevölkerung schlug um in Ärger und Ablehnung. Die US-Airforce musste sich sogar für diesen Scheinangriff, die Regelverletzung und die anfängliche Falschinformation entschuldigen. Das wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen, und Innenminister Bruch, seines Zeichens US-Ehrenoberst, hätte der freien und kritischen Berichterstattung des Trierischen Volksfreundes wohl weniger tolerant entgegengestanden.
Bundesweit: Am 16.12.2008 kam dann eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel der Verringerung der Lärmbelastung und Vertretern von Saarland, Rheinland-Pfalz und deutschem und amerikanischen Militär auf der Bonner Hardthöhe zusammen. Damit ist das Thema nach langen Jahren endlich in der Bundespolitik angekommen.
Was bringt 2009?
Saarland: Im Frühling versuchen sie noch ein paar Mal erfolgreich, schöne Tage komplett zu verlärmen. Das wird solch erhebliche Entrüstung von Bevölkerung und Lokalpolitik hervorrufen, dass der Lärm als Sofortmaßnahme für eine Woche komplett heruntergefahren wird.
Westpfalz: In der Westpfalz wird in den Gemeinden und Kreistagen eine Resolution nach der anderen gegen den Fluglärm verabschiedet. Die nervtötenden Übungsrunden der C-130 Hercules werden angeprangert, und es wird deren Ende gefordert. Der Kaiserslauterner Bürgermeister Weichel muss eine Entscheidung treffen, entscheidet sich für die Lebensqualität seiner Bürger und agiert zurückhaltender gegenüber dem US-Militär. Der Ramsteiner Bürgermeister Layes bleibt fanatischer US-Militärfan und beendet mit dieser Haltung seine Karriere.
Eifel: In der Eifel fliegen die US-Piloten zunächst weiter so hemmungs- und rücksichtslos, wie sie es gewohnt sind. Damit ernten sie in den ersten Monaten erheblichen Gegenwind, und zu den ehemaligen Bürgermeistern kommen amtierende Bürgermeister und Landräte, die offen und öffentlich Kritik äußern und zunächst die Notwendigkeit der verlagerbaren Übungsflüge in Frage stellen. Einzelne mutige Lokalpolitiker stellen - von den Bürgern ermuntert bis gedrängt - gegen Ende des Jahres offen die Existenzfrage für die Airbase Spangdahlem. Eine Nutzung des geschlossenen Berliner Flughafens Tempelhof wird kurz hinter den Kulissen diskutiert, auch wegen der Nähe zum Bombodrom und der nördlich gelegenen TRA 206. Diese Alternative wird aber wegen des Desinteresses des US-Militärs verworfen, das ähnliche Proteste und die dann folgenden Einschränkungen auch dort erwartet und damit die Realität sogar deutlicher erkennt als deutsche Militärs und Politiker.
Der Lärm durch Kampfjetübungen wird in der gesamten Region verringert, und zwar so, dass es mehrere lärmfreie Werktage am Stück gibt. Erreicht wird dies durch weitere Verlagerungen der Übungsflüge über Einöden in Partnerstaaten (oder der US-Heimat) und über dem Meer. Das Ziel, dass verlärmte Tage die Ausnahme sind, erreichen wir 2009 noch nicht, aber die Formel "Blauer Himmel = Extremterror" gilt nicht mehr, so dass der Sommer spürbar an Lebensqualität gewinnt. Die Reduzierung der Übungsflüge nagt an der Bedeutung der Airbase Spangdahlem, genauso wie die kritische Hinterfragung und die dann folgende Verringerung der Nachtflüge und der Übungsflüge mit C-130 Hercules die Bedeutung der Airbase Ramstein schwächt, begleitet von der desolaten Entwicklung der Südbahn, die im Moor versinkt. Die US-Kriegslogistik wird daher mehr und mehr nach Leipzig verlagert, und ein Teil der Maschinen macht gar keine Zwischenlandung mehr in Deutschland, soweit dies technisch möglich ist.
Die Eröffnung des riesigen Einkaufskomplexes KMCC führt dazu, dass der kärgliche Restumsatz mit den US-Soldaten in der Kaiserslauterner Gegend komplett wegbricht. Das KMCC führt zu einem Einkaufstourismus der US-Truppen, der dem gesamten Umfeld bloß verstopfte Straßen, Abgase und noch mehr Lärm bringt.
Mit dem Rückgang der letzten Einnahmequellen gehen auch hartgesottenen US-Militärfans der Region die Augen auf. Die kritische Betrachtung der Folgen der US-Militärpräsenz ist selbstverständlich und eine von den Bürgern geforderte Kernkompetenz der lokalen Politiker. Die Schließung der beiden US-Basen Ramstein und Spangdahlem oder wenigstens die Degradierung auf Provinzniveau mit Notbesatzung taucht in ersten US-Militärplänen auf.
Und dann?
Im Lauf des Jahres 2010 wird der Lärm noch einmal reduziert, und zwar auf ein zumutbares Niveau, zumindest im weiteren Umfeld des Bostalsees, weil dort von Center Parcs ein Sun Parc eröffnet wird, dessen Bau im Herbst 2009 begonnen wurde. In diesem Projekt geht es um ca. 120 Millionen Euro Investitionssumme, an denen sich das Saarland beteiligt hat. Nervende Kampfjets am Himmel und Nachtflüge mit schweren Transportern wären Gift für den Tourismus, damit ein Jobkiller, und werden daher weitestgehend verbannt. Die angrenzende Westpfalz will auch etwas vom Tourismuskuchen abhaben und fordert strikte Flugbeschränkungen für Kampfjets und Transporter (vor allem ein hartes Nachtflugverbot). Das ist dann das faktische Ende für Ramstein und Spangdahlem und das Ende vom Märchen des angeblichen Wirtschaftsfaktors der US-Kriegsflüghäfen, die wirtschaftlich als das erkannt werden, was sie sind: Ein Kostenfaktor und Standortnachteil.
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