Von unserem Vorstandsmitglied Doris Emrich
Wenn man sich für Geschichte und Historie interessiert, wird man unweigerlich feststellen, daß Militär immer wieder ein Sonderstatus eingeräumt wurde – mal mehr, mal weniger. Dies mußten unsere Eltern bzw. Großeltern ganz besonders leidvoll erfahren.
Nach einigen wenigen Jahren, in denen Abrüstung und Entmilitarisierung ernst gemeint waren, sehen sich friedliebende Menschen nun wieder mit dem Gegenteil konfrontiert. Das Ende des Kalten Krieges ließ hoffen, daß Völker in Zukunft ihre Konflikte gewaltfrei lösen würden. Langsam, aber sehr sicher gehen wir einer neuen Aufrüstung und Militarisierung entgegen, die fatale Folgen haben wird. Obwohl unser Grundgesetz (Art. 26) unmißverständlich aussagt, „daß von deutschem Boden, nie wieder Krieg ausgehen darf“ und auch „vorbereitende Maßnahmen unter Strafe zu stellen sind“, interessiert dies weder unsere militärhörige Regierung noch die fanatischen Militäranhänger in verschiedenen Regionen Deutschlands. Auffällig oft ist dieser Militärvirus in Gegenden um Militärbasen oder Truppenübungsplätzen zu finden, und er scheint unheilbar zu sein! Einige Orte um den Truppenübungsplatz Baumholder haben dies ganz geschickt gelöst: Nicht mehr oder immer noch dienende Bundeswehrangehörige wurden zu Bürgermeistern gewählt, mit der Gewißheit, daß dadurch immer das für die Soldaten richtige und wichtige Umfeld geschaffen und vertreten wird. Die Belastungen, die durch Nutzung und Betrieb für die umliegende Bevölkerung unweigerlich entstehen, werden von diesen Kommunalpolitikern immer wieder als Hirngespinste bezeichnet und schöngeredet, Zerstörung von Gesundheit, Lebensqualität und Umwelt als Lüge bezeichnet.
Es ist eine Unverschämtheit, daß Menschen, die sich für den Erhalt dieser unabdingbaren Menschenrechte einsetzen, diffamiert und angefeindet werden. So wird in einem Leserbrief an die Nahe-Zeitung (geschrieben von einem Herrn Schwarz aus Idar-Oberstein) die Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung fast schon als kriminell bezeichnet. Krieg scheint für diese Militärbefürworter etwas ganz Alltägliches und Normales zu sein. Genauso normal, wie die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr an völkerrechtswidrigen Interventionen, die von den USA und der NATO angezettelt werden. Will es nicht in die Köpfe dieser Militaristen, daß diese kriegerischen Auseinandersetzungen nur dazu dienen, in den überfallenen Ländern Ressourcen zu sichern und diese Länder ihrer Ressourcen zu berauben? Welch eine Schande für unser Land!
Ist es als normal zu bezeichnen, daß Bewohner der Ortschaften um den Truppenübungsplatz Baumholder bis in die tiefe Nacht Schießlärm zu ertragen haben? Ist es normal, daß viele Häuser beschädigt werden durch die Detonationen beim Bombenabwurf? Haben diese Menschen nicht verdient, ihr Leben in Ruhe zu führen ohne ständige Kriegsgeräusche und menschenverachtenden Lärm krank gemacht zu werden? Das Ignorieren dieser Tatsachen löst nicht das ursächliche Problem. Wieso soll durch diese grundgesetzwidrigen Übungen das Leben der Soldaten geschützt werden (immer wieder gern gebrauchte Ausrede) und dabei Leben der Bewohner zerstört werden? Diese Fragen will keiner der Uniformträger beantworten!
Nun noch ein paar Worte zu dem immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragenen Totschlagargument Wirtschaftskraft. Beim Besuch des Truppenübungsplatzes Baumholder erfuhren Vertreter der Bürgerinitiative gegen Fluglärm von höchster Stelle, daß die Truppen seit längerem schon zentral versorgt werden, mit allen Dingen des täglichen Bedarfs – auch Lebensmitteln! Es kann ja durchaus noch vorkommen, daß sich trotzdem ein Soldat auf dem Weg zur „Arbeit“ noch ein belegtes Brötchen kauft, nur ob dieser Kauf als Wirtschaftskraft zu bezeichnen ist und den Lebensunterhalt eines Bäckers oder Metzgers vor Ort sichert, muß ja wohl mit nein beantwortet werden! Damit sollte dieses fadenscheinige Argument ad acta gelegt werden!
Genauso beliebt und immer wieder gerne benutzt ist das Märchen von den Arbeitsplätzen. Unser (Gott sei Dank!) ehemaliger, US-höriger Ministerpräsident Beck hat in all seinen veröffentlichten Konversionsprogrammen immer wieder betont, daß durch Konversion mehr Arbeitsplätze entstanden, als vorher vorhanden waren! Meine Frage, warum er trotzdem immer wieder gegenteilig handelte, hat er mir bis heute nicht beantwortet!
Tatsache ist, daß Arbeitsplätze wichtig sind, aber solche mit Nachhaltigkeit! Wir lehnen Beschäftigungsmöglichkeiten ab, die Kriegen und Vernichtung dienen! Wir lehnen Arbeitsplätze ab, an denen Blut klebt!
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