Von Dr. Dorothee Besse
„Verfahren zum Sammeln von Daten im elektromagnetischen Spektrum sind kein Bestandteil der dort stattfindenden Übungsanteile.“ Ach so. So jedenfalls antwortete die Bundesregierung auf die entsprechende Frage der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Tobias Lindner und der gesamten B90/Grüne-Fraktion innerhalb einer Kleinen Anfrage vom Sommer 2014. Was machen sie aber dann im Luftraum POLYGONE, der zumindest bis 2010 vom Boden bis in 1600 m Höhe reichte, für sage und schreibe 1300 Stunden beispielsweise im Jahr 2012? „Ziel der Nutzung des Übungsgebietes MAEWTF Polygone ist die Simulation von Abwehrmaßnahmen gegen Luftverteidigungssysteme mit Radarwarnempfängern, Störsendern (Jammern) in freigegebenen Frequenzbereichen und entsprechenden Ausweichmanövern.“ Aha das also – um die 5 Stunden pro Arbeitstag. Ohne An- und Abflüge, Warteschleifen und dergleichen. Als Reaktion auf die Beschwerden der BI gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung wurden die Übungseinheiten „außerhalb von militärischen Flugbeschränkungsgebieten auf eine Verweildauer von maximal 20 Minuten“ begrenzt. Innerhalb der TRA LAUTER kann man also weiter unbegrenzt lange herumheizen.
Üben wie man Luftabwehrsysteme umgeht, das machen sie im Luftraum POLYGONE – mit Kampfjets, Transportern und gelegentlich Hubschraubern von Deutschen, Amerikanern, Franzosen und diversen NATO-Beteiligten – bis hin zu der Schweiz. Dazu gehört dann auch mal das Abwerfen von aluminisierten Glasfasern (Chaff, Düppel) – aber gaaaaanz selten, weil „grundsätzlich verboten“, und wenn dann sind sie immerhin zertifiziert. Und „Ein Einsatz ist nur gegen reale Systeme zur Auswertung der Effektivität des Übungsfluges zulässig.“ Nur im Februar 2008, da wurden in der Polygone „letztmalig“ im Rahmen einer Versuchskampagne“ gut 200 kg Düppel-Täuschkörper eingesetzt – nicht von den Amis, die haben früher schon – sondern von der Bundeswehr. Und das ging ja dann auch gründlich schief. Das Zeug hing anschließend mitten im Biosphärenreservat Pfälzer Wald in den Bäumen, auf Feldern, Wiesen, Dorf- und Spielplätzen herum. Materialfehler? Übrigens liegen der Bundesregierung „keine Kenntnisse“ über Einsätze von Täuschkörpern in der TRA LAUTER vor. Ebenso wie ihr „keine spezifischen Erkenntnisse“ über die Fluglärmbelastung und deren gesundheitlichen Folgen für die Anwohner in der Region TRA LAUTER/POLYGONE vorliegen. Auch „keine belastbaren Erkenntnisse“ über negative Auswirkungen auf den Tourismus, keine über etwaige Störungen ziviler Flugsicherungssysteme wie in Österreich und schon gar „keine Erkenntnisse“ über Übungsflüge mit „unbemannten Luftfahrzeugen“ – sprich Drohnen – in den Übungsgebieten über unserer Region. Ja, liegen denn der Bundesregierung überhaupt Erkenntnisse über die Zugehörigkeit unserer Region zur Bundesrepublik Deutschland vor?
Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Tobias Lindner u.a. sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. Juli 2014; BT Drucksache 18/2182
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