Von einem Leser aus Nonnweiler
So nennt die Wirtschaftsministerin den weiter ansteigenden Fluglärm, der von Kampfjets aus Spangdahlem (RLP), Ramstein (RLP), Büchel (RLP), Nörvenich (NRW) und ihren von ihnen eingeladenden Gästen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Italien, Rumänien, den USA und Kanada – um nur einige, besonders gerne und fast jeden Werktag über dem nördlichen Saarland herumtobenden „Kampfpartner“ der Bundesrepublik Deutschland zu nennen – verursacht wird und die Bevölkerung krank macht. Oder? Haben wir uns verlesen? Wir haben!
Die Bezuschussung der neuen Logistikhalle am Bostalsee mit knapp einer Million Euro war gemeint. Wir dürfen annehmen, dass es sich um Steuergelder handelt. Der Neubau dieser Logistikhalle sei notwendig, weil die alte durch die beengte Lage an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen sei. Die neue Halle wird neben Aufenthaltsräumen auch Sanitätsräume beherbergen. Das wird bei dem Dauerlärm, den die Kampfjets werktäglich bis auf ganz wenige Ausnahmen in die Region um den Bostalsee bringen, auch dringend notwendig sein, um den Lärmstress der Urlauber ad hoc behandeln zu können. Aber keine Sorge, die Kosten werden sich im Rahmen halten. Welcher Urlauber wird sich freiwillig ein zweites Mal dem Lärmterror aussetzen? Wir empfehlen bei der Planung die Kosten für vierfach lärmdämmende Schallschutzfenster mit einzukalkulieren.
Dass das Saarland und die um die Airports liegenden Gegenden mit deutlich höherem Krankheitsvorkommen und innerhalb dieses mit signifikant erhöhter Krebsrate der Bevölkerung kämpfen müssen, ist allerdings mit Schallschutzfenstern nicht abzuwenden und spricht sich leider auch unter Urlaubern herum. Und die bleiben dann weg. Einfach so. Natürlich sagt kaum ein Erholungssuchender das direkt. Die Leitung des Center Parcs am Bostalsee meinte dann auch noch, das Problem abwiegelnd, im letzten Jahr, ihr seien Beschwerden über den Kampfjetlärm und die Dauerberieselung der Gegend mit hochgiftigen, karzinogenen und erbgutschädigenden Abgasen des Kampfjetsbenzins JP8 kaum zu Ohren gekommen. Der Pool der Urlauber, die von dem von der Politik totgeschwiegenen Terror der Kampfjets noch nichts gehört haben, scheint zumindest in den Augen der Leitung des Center Parcs unerschöpflich. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger betont die Wichtigkeit des Neubaus der Logistikhalle, um den Bostalsee als Besuchermagnet weiter zu stärken. „Durch die Weiterentwicklung des touristischen Angebots trägt der Bostalsee einen wesentlichen Teil dazu bei, dass das Saarland die Zahl der Übernachtungen und der Tagesgäste erhöhen kann“ meint unsere Ministerin. Klar, am besten die Zahl der Übernachtungen am Wochenende. Denn dann ist ja (meistens) Ruhe vor den allgegenwärtigen Militärübungen.
Die ausländischen Gästeübernachtungen seien schon gestiegen, und 65 Prozent der Gäste kämen aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Ob sie damit die Kampfjetpiloten meint? Wohl eher nicht, denn die erhöhen ja nicht die Anzahl der Übernachtungen, sondern bewirken das Gegenteil. Und Geld in die Region bringen sie auch nicht, wie trotz gebetsmühlenartig wiederholter Behauptungen der Politiker leicht zu erkennen sein sollte. Jedenfalls wurde noch kein Kampfjet geparkt am Bostalsee entdeckt. Und die dazugehörenden Piloten beim Mittagessen im Restaurant auch nicht.
Indirekt könnte man jedoch die Piloten und das Militär schon miteinbeziehen, die Attraktivität des Bostalsees zu steigern. Wenn man Kampfjetpiloten den See als Scheinangriffsziel offiziell anbieten oder Notwasserungen einem breiten Publikum als Sensation vorführen würde, wäre ein weiterer Schritt zur Attraktivität des Saarlandes getan. Wie das vor Jahren in Ramstein ausgesehen hat, wenn das mal nicht so klappt wie vorgesehen, würde den Reiz des Ganzen sicher erhöhen. No risk, no fun.
Vielleicht beteiligen sich ja auch die Piloten von Büchel an solchen Touristenattraktionen, haben sie doch erst im letzten Jahr nur knapp den Einschlag eines abstürzenden Kampfjets auf die Silos der in Büchel liegenden Atombomben vermasselt und bewiesen, dass Bruchpiloten durchaus eine Zukunft haben. Es waren nur Sekunden, die gefehlt haben, um einen Volltreffer zu landen. Aber bekanntlich ist haarscharf vorbei leider auch daneben. Da hilft nur Üben, Üben, Üben. Und das tut man ja denn auch. Täglich. Bis in die Nachtstunden. „Schon jetzt stellt der Freizeitpark für das Saarland eine wichtige Freizeit- und Urlaubsdestination dar. Außerdem liefert er einen Beitrag dazu, dass der Bostalsee nicht nur stetig an Besuchern, sondern auch an überregionaler Bedeutung gewinnt“, meint unsere Ministerin.
Zumindest was die überregionale Bedeutung angeht, geben wir der Ministerin recht. In keinem anderen Teil Deutschlands tobt sich derart gehäuft ausländisches Militär aus wie im nördlichen Saarland um den Bostalsee herum.
Landrat Udo Recktenwald: „Der Tourismus (offensichtlich, wenn wir die tägliche Anwesenheit in- und ausländischer Kampfjets und die Nichtreaktion unserer Politiker darauf miteinbeziehen, auch der militärische) genießt in unserem touristisch attraktiven Landkreis einen hohen Stellenwert. Die stetige Verbesserung der Infrastruktur¹ ist daher eine bedeutende Aufgabe, sowohl zum Wohle der Touristen als auch natürlich zum Wohle unserer Bürger (zumindest der ärztlichen, die die durch den Lärm auch unterbewusst verursachten Leiden der Bevölkerung behandeln darf) und der Mitarbeiter der Seenverwaltung.“
Kampfjetlärm, Bombodromgetöse, Transportflugzeugrunden in niedriger Höhe und Stärkung des Tourismus sollen in Einklang gebracht werden? Ein Unterfangen, das der Quadratur des Kreises nahekommt. Sollte man das nicht schaffen, so werden wohl nächstens Werbeplakate neu gedruckt werden müssen: „Heute Bostalsee in Flammen! Bodenkampfjetübungen mit A10-Bombern über dem See! Die Ausführenden: Militärs sämtlicher Natopartner. Eintritt frei.“ Und im Kleingedruckten steht: „Der dauernde Aufenthalt in dieser Gegend kann zu tödlichen Krankheiten führen. Siehe saarländische Bevölkerung. Vermeiden Sie daher längeren Kontakt mit ihr.“
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