Von einem Leser aus Nonnweiler
Nein, so verlautete aus Kreisen derjenigen Politiker, die sich – leider nur vorübergehend – wenigstens ansatzweise daran erinnern konnten, dass sie von den Bürgern der Republik u. a. dafür bezahlt werden, Schaden vom Volke abzuhalten, nein eine wirklich gleichmäßige Verteilung des im Saarland überbordenden Fluglärmes über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik sei nicht möglich. Militärische Erfordernisse stünden dem entgegen. Nebenbei: Was militärische Erfordernisse sind, meint natürlich ausschließlich das Militär bestimmen zu können. Auch in Friedenszeiten. Geflissentlich unerwähnt bleibt, dass eben in Friedenszeiten militärische Bedürf- oder Erfordernisse nicht das alleinige Maß aller Dinge sind.
Damit aber wenigstens nicht immer allein nur ein Teil der Bevölkerung unter dem Lärm zu leiden habe, so die Politiker weiter, seien acht Übungslufträume über der Bundesrepublik angelegt worden. Und in diese würde nun der Kampfjetlärm verteilt. Dann holte man zum ultimativen Schlag aus: Zunächst stellten Politiker und Militär fest, dass es mit der gleichmäßigen Verteilung des Lärms wenigstens in die acht Übungslufträume tatsächlich nicht weit her sei. Ja, sie bestätigten sogar, dass der Übungsluftraum über dem Saarland, die TRA LAUTER, übermäßig belastet ist. Und das sollte nun geändert werden. Sogar zu einer Direktive konnte man sich in Berlin durchringen. Versehen mit einer kleinen, netten Einschränkung. Das ginge natürlich alles nur, soweit es möglich wäre. Was möglich ist, entscheidet, Sie können es sich schon denken, das Militär. Trotzdem gelangte diese Direktive auch zur Koordinierungsstelle der Bundeswehr, PCA genannt, die darüber entscheidet, wer wann wie lange in welchem Übungsluftraum fliegen darf.
Dann gab man pressewirksam noch ein paar Statements zum Besten in dem Tenor, man würde sich selbstverständlich weiter für eine Reduzierung des Lärms in der TRA LAUTER einsetzen und sei in ständigem Austausch mit Berlin. Außerdem würde nur soviel geflogen, wie unbedingt nötig sei. Was nötig ist, auch das werden Sie sich schon gedacht haben, entscheidet natürlich wiederum das Militär. Danach aber, am Ende der eigenen Kräfte angelangt, sank man in den sicherheitshalber schon bereitgestellten Sessel. Und war sehr mit sich zufrieden ob der mal wieder gelungenen Abwiegelei und dem Für-dumm-Verkaufen der Bürger.
Wir dürfen nicht unerwähnt lassen, dass es Politiker gab und gibt, die sich wirklich für die berechtigten Interessen und den Schutz der Bevölkerung einsetzen. Allerdings gehören sie nicht den „großen Volksparteien“ an, sondern sind eher grün angehaucht oder gar so link(s), ihren Auftrag ernst zu nehmen. Solche Einstellungen sind bei denen, deren vornehmste Aufgabe es zu sein scheint, an den Fleischtrögen zu bleiben und ansonsten nur milde zu lächeln und alles auszusitzen, wenn überhaupt nur noch in Resten zu entdecken. Ja, es mag sogar sein, dass Teile des Militärs eine Art Bemühen an den Tag gelegt haben, etwas zu ändern. Doch diese verständisvolle Einstellung konnte sich nicht durchsetzen.
Und nun? Nichts und nun. Seit Dezember steigert sich kontinuierlich der Lärm in der TRA LAUTER. Zum Ausgleich und zum Beweis, wie sehr man sich der Sorgen der Bevölkerung annimmt, wurde das Beschwerdetelefon im Innenministerium des Saarlandes abgeschaltet. Bei der FLIZ, der Fluglärminformationszentrale der Bundeswehr, hat man sich hingegen gewappnet. Man tauscht in mehr oder minder regelmäßigen Abständen die Herren aus, die am Telefon die Beschwerden der Bevölkerung entgegennehmen sollen. Jedem Neuling wird, so scheint es zumindest, in einem Lehrgang beigebracht, was er zum Abwimmeln der Beschwerden den Anrufern sagen soll. Und so werden die immer selben „Argumente“, tw. aufpoliert mit neuen, noch abenteuerlicheren Ausflüchten, zu Gehör gebracht, warum nicht über der Nordsee, nicht über der Ostsee, nicht in der TRA SACHSEN, kaum in der TRA MÜNSTERLAND und deutlich weniger als in der TRA LAUTER in den verbleibenden TRAs geübt werden kann. Das neueste, an Genialität kaum zu überbietende „Argument“ ist, man brauche einen „Emergency-Airport“ in der Nähe, auf dem man landen könne, wenn es nötig wäre. Wenn nun z.B. über der Nordsee Nebel sei, könne man einen solchen Flugplatz nicht finden. Mit Verkehrsflugzeugen schon, aufgrund der in ihnen eingebauten Instrumente, mit Jagdbombern aber nicht. Es bleibt jedem überlassen, sich vorzustellen, wie das dann im Ernstfall aussehen würde.
Wenn schon Politik und Entscheidungsträger des Militärs weiteren Einsatz zum Wohle der Bevölkerung für unsinnig erachten, in Arbeitsgruppen und Fluglärmkommissionen lediglich körperlich anwesend sind und von ihnen nichts weiter zu erwarten ist, könnte ja die Koordinierungsstelle der Bundeswehr Empathie zeigen und kraft ihres Amtes Anträge der jeweiligen Fliegerhorste eben so gleichmäßig verteilen, wie das gefordert wurde. Könnte. Doch auch da ist bisher keinerlei Entgegenkommen zu verzeichnen. Planungen werden über den Haufen geworfen, längere Lärmbelästigung billigend in Kauf genommen, das Vollstopfen der TRA LAUTER mit immer mehr Lärm als erstrebenswert angesehen, die unerträgliche Gesundheitsbelastung der Bevölkerung als „normaler Flugbetrieb“ deklariert und freundliche(!) Anrufer dadurch zum Schweigen gebracht, dass man zunächst nicht einmal den eigenen Namen am Telefon nennt und dann einfach einhängt. Was soll einem denn passieren? Nichts. Eben. Die Uniform veredelt den Menschen?
Aus anderer Leute Leder ist gut Riemen schneiden. Oder, auf die Situation in der TRA LAUTER angewandt: Da es mich dort, wo ich wohne, nicht betrifft und das auch so bleiben soll, lasse ich den Lärm- und Abgasmüll woanders, vorzugsweise immer an derselben Stelle, abladen. Nicht ohne vorher auf die Notwendigkeit und Alternativlosigkeit dieser meiner Handlung hinzuweisen.
Es ist dringend an der Zeit, dass diese Einstellung auf den Prüfstand kommt. Wir haben nächstens Wahlen, mithilfe derer jeder seiner Politikerverdrossenheit Ausdruck verleihen kann. Und es auch dringend sollte.
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