Wieviel Verrat am eigenen Volk ist eine Lederjacke der US Air Force wert?
Von einem Leser aus Nonnweiler
Erinnern Sie sich noch? Natürlich erinnern Sie sich noch. Daran erinnern wir alle uns gern und mit Tränen der Rührung in den Augen. Der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, bekommt im Rahmen einer kleinen Feierstunde von seinen – und natürlich unseren – Freunden vom US-amerikanischen Militär die „Braune Ehrenlederjacke erster Klasse“ dafür verliehen, dass er in seiner gesamten Amtszeit stets mit unermüdlichem Fleiß das hehre Ziel verfolgt hat, jegliche Kritik am Vorgehen der amerikanischen Streitkräfte in Rheinland-Pfalz im Keime zu ersticken. So konnte er sicherstellen und jederzeit dafür einstehen, dass Lärm, Boden- und Luftvergiftung durch sinnlose militärische Übungsrunden über bewohntem Gebiet, ob nun von Hubschraubern, Kampfjets oder Transportmaschinen, ihren festen Platz im Land bekamen. Gekonnt hat Kurt Beck kritischen Fragen z.B. mit der Bemerkung, der unbequeme Frager solle doch einfach mal das Maul halten, die Spitze nehmen und so wieder für die Ruhe sorgen können, die er, seine und auch die jetzige Landesregierung so dringend brauchten und brauchen, um sich wichtigeren Zielen zu widmen.
Er wusste sich da militärischer Tradition verbunden, werden doch Nachsuchen von Bürgern um Auskünfte, welcher Airbase es gerade Landschaft und Bevölkerung gesundheitlich zu ruinieren beliebt, von den zuständigen Stellen gerne mit der Aussage bedacht: „Das hat Sie nichts anzugehen!“
Ja, Kurt Beck war immer um gute Zusammenarbeit mit unseren liebgewonnen Nachbarn und gern gesehen Gästen aus Übersee bemüht. Und, seien wir ehrlich: Diese wunderschöne, ordenverzierte, braune Lederjacke lässt andere Auszeichnungen, wie beispielsweise das Bundesverdienstkreuz, aussehen wie einen Karnevalsorden. Für die Erlangung eines derartigen Beweises, wie sehr man am Volk vorbeiregiert hat, sollte einem jedes Mittel recht sein.
Auch der jetzigen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, der würdigen Nachfolgerin von Kurt Beck, wird sich das Bild ihres vor Stolz ob seines hervorragenden Einsatzes fast bersten wollenden Vorgängers tief ins Gedächtnis eingegraben haben. So eine schöne Lederjacke würde ihr sicherlich auch gut stehen, hat sie sich anscheinend gedacht, und ist sofort tätig geworden, dieses wunderbare Ziel zu erreichen.
Anlässlich des Abzuges der amerikanischen Hubschrauberstaffel von Landstuhl nach Grafenwöhr in Bayern lobte sie das Engagement des Militärs für seine Gastgeber. Besonders betonte sie, dass wir die amerikanischen Streitkräfte gerne im Land hätten – sie wird sich dabei auf die Aussagen derselben Bürger gestützt haben wie ihr eifriger Innenminister Lewentz im Bericht von seiner Bittstellerreise nach Amerika (s. Kolumne vom 10.2.2014) – und hob extra hervor, wie sehr sie den Eindruck gewonnen habe, dass die US Militärs die Probleme der lärmgeplagten Bürgerinnen und Bürger verstünden.
Damit muss nun endlich auch dem letzten Kritiker des unerträglichen Dauerlärmes klar sein, dass ausschließlich, um die rheinland-pfälzische Bevölkerung zu schonen, der Hubschrauberlärm bis in die Nacht hinein nun den Bewohnern der Gegend um Grafenwöhr zugute kommt. Finanzielle Notwendigkeiten können dabei ebenso wenig der Grund gewesen sein, wie bei der Entlassung von 435 Zivilangestellten der Militärbasen in RLP. Rührende Rücksichtnahme auf die Bevölkerung und Stärkung der Wirtschaftskraft der Region sind die ausschließliche Motivation für derlei Entscheidungen.
Die Ankündigung von Lt. Gen. Campbell, sich um jeden einzelnen vom Stellenabbau betroffenen Zivilbeschäftigten individuell zu kümmern, hat uns ein weiteres Mal die Tränen der Rührung in die Augen schießen lassen. Womit haben wir das verdient? Wir dürfen uns also darauf verlassen, dass der General individuelle Bewerbungsschreiben verfassen, persönlich bei der ARGE vorsprechen und selbstverständlich die Arbeitssuchenden jederzeit zu Vorgesprächen bei eventuellen Beschäftigungsbetrieben begleiten wird? Auch hier beeilte sich unsere, dem Wohl ihrer Bevölkerung stets verbundene Ministerpräsidentin Malu Dreyer, zu versichern, dass das Land seinen Beitrag zu all dem leisten wird. Ob der finanzieller oder gar persönlicher Art sein wird, hat sie noch nicht verraten wollen.
Natürlich ist unsere Malu Dreyer aber nicht auf halbem Wege stehengeblieben. Dem General gegenüber betonte sie weiter, durch die Vorbereitung des Baugrundes sei die Realisierung des Lazarettneubaues, eines so wichtigen Projektes, sichergestellt.
Ach, die Gute, sie findet immer so schöne Umschreibungen. Auf die Idee, die Rodung von 43 Hektar Schutzwald „Vorbereitung des Baugrundes“ zu nennen, kann nur sie, unsere sensible Ministerpräsidentin kommen. Dass die Effektivität des vorhandenen Lazarettes in Landstuhl bewiesen und sogar ausgezeichnet worden ist und damit der Bau eines neuen Krankenhauses bedeutet, mit der Wurst nach dem Schinken zu werfen, es sei denn, es soll in Wirklichkeit etwas ganz anderes gebaut werden – wir haben da ja inzwischen so unsere Erfahrungen mit den Begehrlichkeiten gewisser Geheimdienste –, hat unsere Bürgerwohlverpflichtete sicher nur versehentlich im Eifer des Gefechtes nicht auch noch betont. Und die Erwähnung der mit dem Bau verbundenen weiteren Verseuchung des Grundwassers ist bestimmt ihrer überschwänglichen Fürsorge für Land und Leute zum Opfer gefallen.
Ministerpräsidentin Dreyer hat sich bei unseren gerne gesehenen Gästen mit leuchtenden Augen für die guten Kontakte zur Landesregierung und die frühzeitige Information bei wichtigen Themen bedankt und sofort alle eventuell auftretenden kritischen Meinungen und damit verbundenen Hindernisse im Vorfeld aus dem Weg geräumt. Das zeigt uns einmal mehr, wie sehr sie das Ziel vor Augen haben muss, die erste Frau zu sein, die mit der „Braunen Ehrenlederjacke erster Klasse“ für besondere, uneingeschränkt devote Dienstbarkeit bald ausgezeichnet wird. Wie geschickt sie bei all dem den Wunsch der Bevölkerung auf Unversehrtheit von Natur und Gesundheit milde lächelnd hintan gestellt hat, nötigt uns nochmals Bewunderung ab.
Darum wollen wir ihr zurufen: Weiter so, sehr geehrte, liebe Frau Malu Dreyer, weiter so! Sie haben den ersten Schritt erfolgreich getan. Lassen Sie sich nicht auf dem langen und schleimigen Weg von unqualifiziertem Gejammer derjenigen beirren, die des amerikanischen Militärs tägliche Rücksichtnahme auf die lärmgeplagten Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise genießen dürfen, sich aber dennoch der Gnade nicht würdig erweisen, wie sehr sich u. a. General Campbell bei der Ankündigung, sich um ihre individuellen Nöte zu kümmern, versprochen hat.
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